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Informationen rund um das Thema Gewitter

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V. Die Multizelle
Beispiele von verschiedenen Multizellen

Eine Multizelle ist ein oft großflächiger Komplex aus verschiedenen Gewitterzellen, die sich in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. Dabei ist zu beachten, dass diese Gewitterform entweder als Gewitterlinie - hierfür wird häufig der englische Begriff "Squall Line" verwendet - oder als Gewittergruppe ("multicell cluster storms") auftreten kann. Diese Unterscheidung wird im folgenden erläutert.
1. Mesoscale Convective System ( MCS )
Ein MCS ist eine Gruppe verschiedener Gewitterzellen in den unterschiedlichsten Entwicklungsstadien, die auf Satelliten- und Radarbildern recht einfach klassifiziert werden können. Auf dem Satellitenbild erscheint ein MCS als großer konvektiver und aus Cumulonimben bestehender Cluster, der mit einem großen Fleck verglichen werden kann - auf dem Radarbild sehen wir Niederschläge der unterschiedlichsten Aktivitäten, wobei die kräftigsten Niederschläge häufig im südlichen Abschnitt vorgefunden werden, da sich ein MCS gerne an der Südflanke fortpflanzt, während sich auf der Rückseite oft ein großflächiges stratiformes Niederschlagsgebiet befindet ("trailing stratiform region"). Aufgrund dieser Fortpflanzung folgt das System manchmal nicht der mittleren und allgemein zugrichtungsbestimmenden Strömung, sondern erhält eine zusätzliche, meist südliche Komponente. Das folgende Bildbeispiel zeigt ein Satellitenbild dreier MCS:
Ohne auf die komplizierten Vorgänge in diesen Gewitterzellen einzugehen, lässt sich folgende simple Faustregel verwenden: eine Multizelle tritt häufig dann auf, wenn es entweder hohe Cape, jedoch geringe vertikale Scherung gibt oder wenn es hohe vertikale Scherungswerte mit geringen Cape-Werten gibt. Sollten beide Werte hoch vertreten sein, ist stattdessen mit Superzellen zu rechnen. Eine weitere wichtige Rolle bei der Erhaltung des Systems spielt die Böenfront, welche für das Entstehen neuer Zellen verantwortlich ist - die älteren Zellen werden dann durch diese ersetzt. Kurzlebige Mesozyklonen und somit Superzellen können auch von Zeit zu Zeit auftreten und im System enthalten sein - das berüchtigte Straßburger Unwetter vom 08.07.2001, dessen Radarbild oben abgebildet wurde, ist ein Beispiel für ein MCS mit zeitweiligen integrierten Superzellen.
2. Squall Line
Im Prinzip ist dieses System mit den oben genannten Kriterien vergleichbar, der entscheidende Unterschied ist die Form: sie ist in diesem Fall linienförmig. Diese Gewitterlinien können sich, teils unterbrochen über mehrere hundert Kilometer hinweg erstrecken. Charakteristisch ist die oft sehr fotogene und bedrohlich wirkende, massive Böenfront, gefolgt von schweren Böen, die Sturm- oder Orkanstärke erreichen können sowie die kurzzeitigen heftigen und oft von etwas Hagel begleiteten Niederschläge, die später in stratiformen Niederschlag übergehen.

Auch bei diesem System spielt die Böenfront eine wichtige Rolle für die Erhaltung des Systems. Wie bei einem MCS sorgt diese dafür, dass rasch neue Zellen entstehen, die die alten Zellen ablösen. Doch wie funktioniert eine solche Böenfront (lat. "Arcus", auch Böenwalze oder engl. "Gust Front" genannt)? Für den Beobachter handelt es sich hier um eine laminar geformte Wolke, die sich bogenförmig um den Aufwindbereich des Gewittersystems erstreckt. Entlang der Basis erscheinen oft rasch aufsteigende Wolkenfetzen (Fraktus), die entlang der Basis auch kompakt sein können und nicht selten den Boden berühren - Verwechslungen mit Tornados sind in Deutschland derzeit vor allem in den Sommermonaten an der Tagesordnung. Aus dem Abwindbereich der Gewitterlinie strömt kühle Luft heraus und trifft auf die vor dem System liegende wärmere Luftmasse - an der Grenze dieser beiden Luftmassen kommt es kurzzeitig zu starken Hebungsvorgängen, so dass die zuvor beschriebene Böenfront entstehen kann.

Die laminaren Wolken, die im Zusammenhang mit einer Böenfront beobachtet werden können und auch als Arcus bezeichnet werden, haben jedoch nichts mit der ausströmenden kalten Luft zu tun. Diese, auch als "Shelf Cloud" bezeichneten Wolken stehen im Zusammenhang mit einer stabilen Schicht - betrachtet man die Wolken genauer, erscheinen auch nicht die für Hebung bekannten cumuliformen Merkmale sondern vielmehr schichtwolkenartige Formationen. Diese entstehen durch das starke Einströmen in das Gewitter. Beim Aufstieg (anhand eines Radiosondendiagramms einfach zu erkennen) sind die Luftpakete zunächst deutlich schwerer als ihre Umgebung - sie können nur durch Hebung die stabile Schicht überwinden, damit sie im weiteren Verlauf rasch beschleunigt werden. Diese rasche Hebungsbeschleunigung bewirkt einen Druckfall oberhalb des Niveaus (Grenze zwischen stabil und labil geschichteten Luftmassen), welche als Bernoulli-Effekt bekannt ist. Somit entsteht der Effekt, dass auch die unten lagernden Luftpakete gezwungen werden aufzusteigen, obwohl sie schwerer als ihre Umgebung sind. Neben dem Bernoulli-Effekt sorgt auch noch die Böenfront selbst durch das Ausströmen für eine Konvergenz und somit für zusätzliche Hebung.
3. Weiterführende Links

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